Schlaflabor: „Schlafmaske bringt Lebensqualität zurück"

Im Bild: Facharzt Dr. Stefan Binder, Leiter des Schlaflabors an der Klinik Oberpullendorf

Facharzt Dr. Stefan Binder, Leiter des Schlaflabors an der Klinik Oberpullendorf, sprach in der „Radio Burgenland Sprechstunde“ am 14. März 2024 mit ORF-Moderatorin Nicole Aigner über das Thema „5 Jahre Schlaflabor Oberpullendorf.

Im Jahr 2019 wurde das Schlaflabor erweitert, der Bedarf steigt in den letzten Jahren ständig. Dr. Stefan Binder erklärt: „Der Bedarf ist weiterhin hoch. Wir haben drei Plätze für Polysomnographie, also können drei Patienten pro Nacht behandeln. Die Sensibilität für Schlafstörungen hat sich erhöht, dementsprechend kommen viele Schlafapnoiker zu uns und werden einer Behandlung zugeführt.“

Blaues Licht und globale Probleme erhöhen Schlafstörungen

In den letzten Jahren habe sich die Anzahl der Schlafstörungen erhöht, globale Probleme und Existenzängste tragen hier dazu bei. „Ein weiterer Faktor ist das Blaulicht, das uns auf allen Bildschirmen begleitet. Dieses Licht sagt unserem Sehnerv ständig, dass wir nicht schlafen sollen. Der zunehmende Konsum von sozialen Medien auf dem Smartphone bewirkt, dass wir mehr Blaulicht ausgesetzt sind und dadurch nehmen vor allem die Einschlafstörungen zu“, so Dr. Stefan Binder.

In Oberpullendorf untersuche man hauptsächlich die körperlichen Ursachen, die in Verbindung mit Atemaussetzern stehen. „Das wird immer häufiger diagnostiziert. Die Schlafmedizin ist eine relativ junge Wissenschaft, man hat erkannt, dass Schlafapnoiker zu bestimmten Folgeerkrankungen neigen. Dazu gehören Herzinfarkt, Schlaganfall, erhöhter Blutdruck und Zucker aber auch psychische Probleme wie Depressionen oder Konzentrationsstörungen“, so Dr. Stefan Binder. In den Vorgesprächen und Untersuchungen gehe man auch auf seelische Ursachen und Folgen von Schlafstörungen ein. „Die instabile globale Situation die daraus folgenden existenziellen Sorgen haben sicher zugenommen und damit auch das Grübeln vor dem Einschlafen, was zu einer Einschlafstörung führen kann“, erläutert der Facharzt.

Technischer Fortschritt über die Jahre

Die Technik für die Untersuchung sei in den letzten Jahren kleiner und damit angenehmer geworden. „Früher musste man die Parameter, die wir untersuchen, durch Kabel ableiten. Heutzutage laufen die Dioden für die Parameter auf einem zentralen Brett am Brustkorb zusammen und werden von dort telemetrisch an unseren Computer gesendet. Was den Schlafkomfort betrifft, haben wir deutliche Fortschritte gemacht“, so der Leiter des Schlaflabors.

Übergewicht als Risiko

Zum Hauptklientel des Schlaflabors gehören Männer über 60 Jahre, aber auch Jugendliche kämen mittlerweile zur Untersuchung. „Bei den Jugendlichen steht der Konsum des Blaulichts im Vordergrund. Meist kommen aber übergewichtige Männer zu uns, die unter Schnarchen und Atemaussetzern leiden. Übergewicht ist auch der Hauptrisikofaktor für Schlafapnoe, weil im Nacken zu viel Gewicht auf die oberen Atemwege drückt und eine ungestörte Atmung nicht mehr möglich ist“, so Dr. Stefan Binder.

Tagesmüdigkeit als Hauptsymptom

Wenn sich Atemaussetzer und Schlafstörung manifestiert haben, gebe es Auswirkungen auf die Betroffenen und das Umfeld. „Hauptsymptom der Schlafapnoe ist die Tagesmüdigkeit. Die Betroffenen kommen schwer aus dem Bett und fühlen auch tagsüber eine bleierne Müdigkeit. Das geht so weit, dass die Betroffenen sich nicht konzentrieren können und teilweise nicht arbeiten können“, so der Facharzt. Viele der Patienten kämen aber auch mit unspezifischen Symptomen wie hohem Blutdruck, nächtlicher Atemnot oder Herzschwäche ins Schlaflabor. „Bei der Polysomnographie leiten wir dann möglichst viele schlafbezogene Parameter ab, um den Schlaf zu messen und wenn notwendig, eine Schlafmaskentherapie zu starten“, so Dr. Stefan Binder.

Bei einer ausgeprägten Tagesmüdigkeit solle man hellhörig werden. „Wenn man sich überhaupt nicht konzentrieren kann, sollte man zum HNO- oder Lungenfacharzt gehen. Da erfolgt ein Vor-Screening über eine ambulante Polygraphie. Bei dieser werden die Atemaussetzer und -abflachungen registriert und je nach Ergebnis werden die Betroffenen einem Schlaflabor zugewiesen. Dort können wir viel feiner den Schlaf untersuchen und eine Schlafmaskentherapie empfehlen“, so Dr. Stefan Binder.

Schlafmaske bringt Lebensqualität zurück

Bei der Eingewöhnung an eine Schlafmaske gebe es durchaus Unterschiede. „Es kommt immer auf den Leidensdruck der Betroffenen an. Bei einer starken Tagesmüdigkeit, die die Lebensqualität einschränkt, sind die Betroffenen für eine Schlafmaske zugänglicher. Wenn die Betroffenen seit Jahren das erste Mal gut schlafen und ausgeruht sind, fördert das die Anwendung. Die Maske fühlt sich anfangs ungewohnt an, aber die meisten Patienten würden sie nie wieder hergeben, weil sie viel Lebensqualität zurückbekommen“, erklärt Dr. Stefan Binder.

Lebensstil wichtig für Risikofaktoren

Viele Risikofaktoren könne man durch eine Umstellung des Lebensstils reduzieren. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, deswegen ist es schwierig, gewisse Gewohnheiten loszuwerden. Aber jedes Kilogramm Übergewicht prädestiniert für eine Schlafapnoe. Die Möglichkeiten zur Änderungen des Lebensstils schöpfen wir in der Therapie aus. Die Betroffenen müssen keine radikalen Abnehmkuren machen“, so Dr. Stefan Binder. Die Anwendung der Schlafmaske müsse pro Nacht mindestens vier Stunden dauern, um Folgeerkrankungen hinauszögern zu können. „Die Schlafmaskentherapie ist eine lebenslange Therapie. Wenn die Betroffenen ihr Gewicht reduzieren, kann der Druck mit der die Luft eingeblasen wird, verringert werden“, so Dr. Stefan Binder.

Hier gibt es den Link zur "Radio Burgenland Sprechstunde" zum Nachhören.